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Lebensmittelbedingte Ausbrüche

Ein Krankheitsausbruch wird als lebensmittelbedingt bezeichnet, wenn zwei oder mehr Erkrankungsfälle beim Menschen mit dem Verzehr desselben Lebensmittels (wahrscheinlich) in Zusammenhang stehen. Lebensmittel können durch verschiedenste infektiöse Krankheitserreger oder Toxine verunreinigt (kontaminiert) sein:

  • Bakterien, z.B. Salmonellen, Listerien, enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC)
  • Viren, z.B. Noroviren, Hepatitis-A-Viren
  • Parasiten, z.B. Kryptosporidien
  • Toxine, z.B. Botulinum-Toxin

Da die Erreger oder Toxine über den Verdauungstrakt in den Körper gelangen, stehen zumeist die Erkrankungssymptome Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle und krampfartige Bauchschmerzen im Vordergrund. Häufig verlaufen die Erkrankungen selbstlimitierend und mild. In seltenen Fällen kann es jedoch auch zu schwerwiegenden Erkrankungen, unter Umständen sogar mit Todesfolge, kommen. So können Listerien-Infektionen bei Schwangeren zu Früh- und Totgeburten oder bei älteren oder immunsupprimierten Personen zu lebensbedrohlichen Hirn(haut)entzündungen oder Blutvergiftungen führen. Infektionen mit Campylobacter können das Guillain-Barré Syndrom mit Lähmungserscheinungen, Infektionen mit enterohämorrhagischen E. coli (EHEC) die Entwicklung eines lebensbedrohlichen hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) zur Folge haben. Eine Übersicht über Krankheitsausbrüche durch meldepflichtige Erreger, die potenziell über kontaminierte Lebensmittel auf den Menschen übertragen werden können, ist im Infektionsepidemiologischen Jahrbuch (Kapitel 5: Ausbrüche) aufgeführt. Viele durch Lebensmittel übertragene Erreger sind zudem von Mensch zu Mensch übertragbar, was das Risiko einer Weiterverbreitung auf Sekundärfälle, z.B. Familienangehörige, birgt.

Lebensmittelbedingte Erkrankungen und Krankheitsausbrüche kommen relativ häufig vor. In den Jahren vor der COVID-19-Pandemie wurden dem Robert Koch-Institut über das Routine-Surveillancesystem jährlich etwa 330 Ausbrüche übermittelt, bei denen es konkrete Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Erkrankungsfällen und einem Lebensmittel gab (explizit lebensmittelbedingte Ausbrüche gemäß Infektionsepidemiologischem Jahrbuch). Im Zeitraum 2020-2022 betrug die Anzahl der übermittelten explizit lebensmittelbedingten Ausbrüche etwa 150 pro Jahr. Dabei werden lebensmittelbedingte Norovirus-Ausbrüche aufgrund der Besonderheit der Norovirus-Gastroenteritis-Falldefinition ausgeklammert.

Die tatsächliche Zahl der lebensmittelbedingten Ausbrüche ist vermutlich deutlich höher, denn nicht jeder Krankheitsausbruch wird erkannt und dem Gesundheitsamt gemeldet. Ausbrüche durch nicht-meldepflichtige oder unbekannte Erreger werden nicht immer an das RKI übermittelt. Die meisten übermittelten lebensmittelbedingten Ausbrüche werden durch Campylobacter-Bakterien oder Salmonellen verursacht.

Erkennung von lebensmittelbedingten Ausbrüchen

Ein regelmäßiger Vergleich von aktuellen Meldezahlen mit statistisch errechneten Erwartungswerten kann auffällig hohe Zahlen von Erkrankungen signalisieren und auf einen Krankheitsausbruch hindeuten.

Lebensmittelbedingte Ausbrüche, bei denen die Erkrankungsfälle einen offensichtlichen gemeinsamen Infektionsort haben, z.B. das gehäufte lokale Auftreten von Erkrankungsfällen nach einer Veranstaltung, sind recht leicht zu erkennen. Meist fällt die Erkrankungshäufung den Gästen oder den Veranstaltern auf und das lokale Gesundheitsamt oder die lokale Lebensmittelüberwachungsbehörde wird informiert. Hinweise auf einen Krankheitsausbruch können auch aus Gemeinschaftseinrichtungen, von Ärztinnen und Ärzten in Praxen oder Krankenhäusern oder von diagnostischen Laboren kommen, denen eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Fällen einer bestimmten Erkrankung bzw. an Nachweisen eines bestimmten Erregers auffällt und die sich daraufhin an das Gesundheitsamt wenden.

Geografisch diffuse Ausbrüche mit Erkrankungsfällen in verschiedenen Regionen Deutschlands oder sogar in verschiedenen Staaten sind schwerer zu erkennen, zumal die Erkrankungsfälle auch über längere Zeiträume hinweg auftreten können (z.B. Listeriose-Ausbrüche). Derartige Ausbrüche können z.B. durch kontaminierte Lebensmittel im überregionalen Lebensmitteleinzelhandel verursacht werden und fallen den Gesundheitsämtern meist nicht auf, weil sie oft nur zu vereinzelten lokalen Fällen führen, bei denen ein epidemiologischer Zusammenhang (z.B. ein gemeinsamer Infektionsort) zunächst nicht erkennbar ist. Überregionale Ausbrüche werden zunehmend häufig über die genomische Sequenzierung von Erregerisolaten von erkrankten Personen entdeckt, die meist in Speziallaboren, z.B. Nationalen Referenzzentren, Konsiliarlaboren oder Landeslaboren, durchgeführt wird (Ganzgenomsequenzierung, Whole Genome Sequencing (WGS)). Die genomischen Laborergebnisse bilden gemeinsam mit den entsprechend verknüpften epidemiologischen Daten (z.B. aus dem Surveillancesystem für meldepflichtige Infektionserreger) die Basis für die sogenannte integrierte genomische Surveillance (IGS).

Zusammenhänge von Erkrankungsfällen mit kontaminierten Lebensmitteln können auch über einen Vergleich der genomischen Sequenzdaten von Isolaten von Erkrankten mit denjenigen aus Lebensmitteln erkannt werden. Liegen keine oder nur wenige Gensequenzunterschiede vor (Match), ist das Lebensmittel im Sinne eines genetischen Fingerabdrucks verdächtig, den Krankheitsausbruch ausgelöst zu haben. Im Zusammenspiel mit den Ergebnissen von epidemiologischen Untersuchungen, z.B. Befragungen von Erkrankten und analytisch-epidemiologischen Studien, kann so die Evidenz für einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr des verdächtigen Lebensmittels und den Erkrankungen gestärkt werden.

Untersuchung von Ursachen und Infektionsquellen bei lebensmittelbedingten Ausbrüchen

Das wichtigste Ziel der Untersuchung und Aufklärung von lebensmittelbedingten Infektionshäufungen ist es, Neuerkrankungen durch rasches Erkennen und Abstellen der Infektionsquelle zu verhindern. Darüber hinaus können durch Ausbruchsuntersuchungen Erkenntnisse gewonnen werden, die dazu beitragen, in Zukunft ähnliche Ausbrüche zu verhindern. So können durch Ausbruchsuntersuchungen manchmal Schwachstellen im Herstellungs- oder Verarbeitungsprozess von Lebensmitteln aufgedeckt werden, die zu Kontaminationen geführt haben. Auch können durch Ausbruchsuntersuchungen wichtige Informationen zum Vorkommen von Erregern in bestimmten Lebensmitteln und Tierreservoiren gesammelt werden. Basierend auf diesen Erkenntnissen werden dann z.B. Verzehrsempfehlungen für besonders gefährdete Personengruppen (z.B. Schwangere, Ältere, Immungeschwächte und Kinder) entwickelt. Eine enge Zusammenarbeit und ein zeitnaher Informationsaustausch zwischen den Gesundheits- und Lebensmittelsicherheitsbehörden sind bei der Untersuchung von lebensmittelbedingten Ausbrüchen essentiell.

In den vergangenen Jahren war das RKI an einer Reihe von Untersuchungen lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche beteiligt bzw. hat sie koordiniert. Dazu gehört der bedeutende EHEC O104:H4-Ausbruch im Jahr 2011, bei dem Sprossen als Infektionsvehikel identifiziert wurden. Andere Beispiele sind Listeriose-Ausbrüche durch abgepackte Wurstprodukte oder Räucherfisch, Salmonellose-Ausbrüche durch Schweinefleischprodukte, Eier/Eiprodukte oder pflanzliche Produkte wie Melonen, abgepackte Kokosstücke oder Sesamprodukte, und Hepatitis-A-Ausbrüche durch Tiefkühlbeeren oder importierte Datteln. Informationen zu lebensmittelbedingten Ausbrüchen des Vorjahres sind im Infektionsepidemiologischen Jahrbuch des RKI zu finden.

Zuständigkeiten bei der Untersuchung lebensmittelbedingter Ausbrüche

Gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist bei lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen das Gesundheitsamt die zuständige Behörde für Ermittlungen und die Anordnung von Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten. Auf Ersuchen einer obersten Landesgesundheitsbehörde eines von einem Ausbruch betroffenen Bundeslandes kann das Robert Koch-Institut bei der Untersuchung von Krankheitsausbrüchen hinzugezogen werden und ggf. koordinierend tätig werden.

Gemäß § 25 IfSG stellt das Gesundheitsamt Ermittlungen in Hinblick auf Ursache, Ansteckungsquellen und Ausbreitung sowie Umgebungsuntersuchungen an. Erkrankte, Krankheits- oder Ansteckungsverdächtige sind hierbei auskunftspflichtig (§ 26 IfSG). Gemäß § 16 IfSG trifft das Gesundheitsamt die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit drohenden Gefahren (§ 16 Absatz 1 IfSG). Dies beinhaltet u.a. das Recht zur Probenahme, Sicherstellung kontaminierter Lebensmittel, ein Betretungsrecht (z.B. Küchen, Gaststätten, Lebensmittelbetriebe), die Einsicht in Unterlagen (z.B. Lieferscheine etc.) und die Auskunftspflicht über den Betrieb. Zudem können gemäß § 28 IfSG Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionskrankheiten getroffen werden, die z.B. Tätigkeitsverbote (gemäß § 42 IfSG), Betretungsverbote (gemäß § 34 IfSG), Reinigung oder eine Desinfektion beinhalten.

Die Lebensmittelüberwachungsbehörden (LMÜ) sind für die Untersuchungen entlang der Lebensmittelkette zuständig. Gemäß § 27 IfSG bzw. § 42 Absatz 3 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch sind Gesundheitsämter und LMÜ verpflichtet, sich bei einem Verdacht auf einen lebensmittelbedingten Krankheitsausbruch gegenseitig zeitnah zu unterrichten.

Meldepflicht

Etwa ein Drittel der nach § 7 Absatz 1 IfSG der Labormeldepflicht unterliegenden Erregernachweise betreffen bakterielle, virale oder parasitäre Erreger, die auch durch Lebensmittel übertragen werden können. Zu diesen meldepflichtigen Erregern gehören beispielsweise Campylobacter spp., Salmonella spp., darmpathogene Escherichia coli inklusive enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC), darmpathogene Yersinia spp., Listeria monocytogenes, Norovirus, Hepatitis-A-Virus, Hepatitis-E-Virus und Cryptosporidium spp..

Gemäß § 6 IfSG unterliegt der Verdacht auf bzw. die Erkrankung an einer akuten infektiösen Gastroenteritis oder mikrobiell bedingten Lebensmittelvergiftung der ärztlichen Meldepflicht, wenn eine Person betroffen ist, die eine Tätigkeit im Lebensmittelbereich ausübt (gemäß § 42 Absatz 1 IfSG), bzw. wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen vorliegen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.

Seit 2004 werden gemäß der EU-Richtlinie 2003/99/EG auch Daten zur Bedeutung von Lebensmitteln als Infektionsvehikel in Ausbrüchen erhoben. Daten zu Lebensmitteln, die an Krankheitsausbrüchen beteiligt waren, werden von den Lebensmittelüberwachungsbehörden an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gemeldet („Bundeseinheitliches System zur Erfassung von Daten zu Lebensmitteln, die bei Krankheitsausbrüchen beteiligt sind“ (BELA)). RKI und BVL gleichen ihre Daten zu lebensmittelbedingten Ausbrüchen in Deutschland ab und veröffentlichen sie jährlich in einem gemeinsamen Bericht. Das BVL berichtet die abgestimmten Daten zu lebensmittelbedingten Ausbrüchen in Deutschland jährlich an die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).

Stand: 25.03.2024

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